Urban Imkering: Der Boom, der Nutzen und wie es sich entwickelt

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Die großen Metropolen in den USA, in Kanada, Frankreich und Großbritannien machten es vor: Urban Imkering bescherte den Menschen dort leckeren und gesunden Honig. Seit einiger Zeit verbreitet sich der Trend auch in Deutschland.

Urban Imkering: Hoch aromatischer Stadthonig (Video)

Die Bienenvölker, die auf dem Dach des Stuttgarter Rathauses summen und brummen, bringen sogar in Kältejahren rund 200 Gläser Honig ein. Hoch aromatischen, leckeren Honig, wie der Imker versichert. Die Bienen nutzen für ihre Suche nach Pollen und Nektar vor allem die Rosskastanien, die direkt auf dem Hof vor dem Rathaus wachsen.

Dabei steigt die Zahl der Bienenvölker nicht nur in Deutschlands Städten rasant an, sondern auch im gesamten Gebiet der Schweiz. Dort leben aktuell mehr als 200.000 Völker, in Österreich sind es sogar über 400.000 Völker. Zusammen leben in Deutschland, Österreich und der Schweiz etwa 1,6 Millionen Bienenvölker! Das Imkern wird mehr und mehr auch von Quereinsteigern praktiziert, die sich das nötige Wissen in entsprechenden Kursen angeeignet haben. Auch das Urban Imkering ist hinzugekommen und präsentiert sich als Sonderform der klassischen Imkerei.

Das Imkern wird mehr und mehr auch von Quereinsteigern praktiziert, die sich das nötige Wissen in entsprechenden Kursen angeeignet haben. ( Foto: Adobe Stock - Yaruniv-Studio )

Das Imkern wird mehr und mehr auch von Quereinsteigern praktiziert, die sich das nötige Wissen in entsprechenden Kursen angeeignet haben. ( Foto: Adobe Stock – Yaruniv-Studio )

 

Wie alles begann

Urban Imkering stammt eigentlich aus den großen Städten New York, Paris, Tokio, Vancouver und London. Von dort aus verbreitet sich die Stadtbienenhaltung in der ganzen Welt. Als Pioniere des Urban Imkering werden bis heute Jean Paucton aus Paris und David Graves aus New York gesehen. Auch ein Deutscher hatte seinen Anteil an der Verbreitung der Stadtbienen, Marc-Wilhelm Kohfink aus Berlin gab einen Anstoß zur Haltung von Bienen in der Stadt. Er hält diese seit April 1999 in Berlin und gibt selbst Kurse für angehende Stadtimker.

Heute werden auf den Dächern des Berliner Doms, der Mensa Nord der HU Berlin sowie auf dem Dach des Berliner Abgeordnetenhauses Bienenvölker gehalten. Auch Hamburg hat mittlerweile nachgezogen und beherbergt weit über 1000 Bienenvölker.

Alteingesessene Vereine wie der Imkerverein Hamburg Rechtes Alsterufer und der Imkerverein Neukölln 1923 e. V. aus Berlin sind der Meinung, dass Urban Imkering kein moderner Trend sein. Ihrer Meinung nach haben die Bienen in der Stadt eine lange Tradition, die es nun zu wahren gilt. Interessant: Die Schweizer sind den Deutschen wieder mal voraus, denn dort galt der Beruf des Stadtimkers zwischen 1336 und 1798 als Zunftberuf.

Video: Stadtimker – Ein Beruf mit Sexappeal

Was finden Bienen in der Stadt?

Viele Menschen sind der Meinung, dass Bienen in der Stadt viel zu wenig zu fressen finden würden. Doch das ist ein Trugschluss, denn hier gibt es verschiedene Trachtpflanzen, die sie nutzen können. In Parks und auf Friedhöfen, entlang der Alleen und in den Hausgärten, auf Gründächern und verwilderten Grundstücken finden Bienen genügend Nahrung.

Diese ist sogar abwechslungsreicher als auf dem Land, wo durch die Landwirtschaft geprägte Monokulturen den Lebensraum der Bienen immer weiter einschränken. Auf dem Land wurden Büsche und Bäume, sogar ganze Wälder gerodet. Sie alle waren Futterquellen für die Bienen, die sich nun Monokulturen gegenübersehen, die nur für eine kurze Zeit im Jahr blühen. Danach gibt es einen ständigen Nahrungsmangel.

In der Stadt sind die Blühzeiten vieler Pflanzen sogar länger als auf dem Land. Das Klima ist hier um zwei bis drei Grad Celsius wärmer, was neben den Pflanzen auch die Bienen lieben. Damit blühen Krokus, Schneeglöckchen und Co. schon eher im Jahr, gleichzeitig ist die Blütenpracht auch so angelegt, dass während der gesamten Saison etwas blüht.

Die Blühsaison reicht hier bis in den November hinein. Der Futterdruck ist demnach geringer, die Erträge der Imker sind höher. Der Deutsche Imkerbund hat errechnet, dass die Stadtbienenhalter aus Berlin rund 47 kg Honig pro Jahr und Bienenvolk erwirtschaften. Im Gegensatz zum Urban Imkering kommt die konventionelle Imkerei nur auf durchschnittlich 30 kg Honig pro Volk und Jahr.

Die Vorteile des Urban Imkering auf einen Blick:

  • deutlich höhere Honigerträge
  • wärmeres Klima ist positiv für die Bienen
  • deutlich geringerer Futterdruck
  • keine Monokulturen, stattdessen vielfältige Blüten
  • längere Blühzeiten der Pflanzen

Neue Wege der Nahrungsmittelproduktion

Bienen gehören zu den wichtigsten Bestäubern, ohne sie gäbe es viele Pflanzen gar nicht mehr. Hummeln und andere Insekten allein könnten die Aufgaben nicht übernehmen. Die Erkenntnis, dass die Artenvielfalt deutlich eingeschränkter wäre, wenn es keine Bienen gäbe und dass es gleichzeitig immer weniger Bienen gibt, hat dazu geführt, dass viele Hobbyimker auf den Plan getreten sind. Sie halten die Bienen auf Dächern oder im Vorgarten, sind allerdings nicht selten der Meinung, dass sie sich nicht weiter um die Völker kümmern müssten.

Das ist ein Trugschluss, wie sich in den diversen Schulungen und bei Nachfragen in den Imkervereinen zeigt. Die Bienen müssen wie andere Tiere auch umsorgt werden. Das gilt vor allem im Sommer, sodass der eigene Urlaub nach den Bienen zu richten ist. Wichtig sind hier auch die Vorkehrungen, mit denen ein Parasitenbefall vermieden werden soll.

Bienen gehören zu den wichtigsten Bestäubern, ohne sie gäbe es viele Pflanzen gar nicht mehr. ( Foto: Adobe Stock - disq )

Bienen gehören zu den wichtigsten Bestäubern, ohne sie gäbe es viele Pflanzen gar nicht mehr. ( Foto: Adobe Stock – disq )

 

Hochwertigkeit im Fokus beim Urban Imkering

Das Interessante ist, dass beim Urban Imkering sogar qualitativ besserer Honig entsteht als auf konventionelle Weise. Der Grund: Während die Ackerwirtschaft auf dem Land dafür sorgt, dass Unmengen an Pestiziden und Pflanzenschutzmitteln auf die Felder kommen und diese hier die Pflanzen sowie die Umwelt belasten, ist das in der Stadt nicht der Fall. Urban Imkering profitiert davon, dass die Stadtpflanzen kaum mit Pestiziden belastet sind. Bienen sind überdies selbst in der Lage, Abgabe und Schmutzpartikel vom Nektar zu trennen. Sie filtert die Schadstoffe also aktiv heraus und sorgt dafür, dass der Honig sehr rein ist.

Viele Stadtimker machen sich zudem technische Lösungen zunutze. Inzwischen gibt es verschiedene Firmen, die sich mit der Entwicklung spezieller Software für das Vertical Farming befassen. Dabei werden Obst- und Gemüsepflanzen in der Stadt in verschiedenen Stockwerken angebaut, sodass die geringe Grundfläche ausgenutzt wird. Mangels einer möglichen Vergrößerung der Grundfläche wird eben nach oben gebaut. Die Bienen in den Metropolen profitieren davon und finden durch die vertikale Landwirtschaft genügend Nahrung.

Die Softwareentwickler stellen die für diese Art der Landwirtschaft nötigen Systeme, sodass die vertikalen Gewächshäuser profitabel und schonend betrieben werden können und Pflanzen optimale Wachstumsbedingungen bekommen. Gleichzeitig sollen Ressourcen nur in dem Maße beansprucht werden, wie es für eine nachhaltige Landwirtschaft nötig ist. Auch hier steht die Hochwertigkeit im Fokus.

Schweizer Post, Südwestbank in Stuttgart oder Stuttgarter Flughafen: Große Unternehmen beteiligen sich schon lange am Urban Imkering und unterstützen die Bienen auf vielfältige Art und Weise. ( Foto: Adobe Stock - Frank Gärtner )

Schweizer Post, Südwestbank in Stuttgart oder Stuttgarter Flughafen: Große Unternehmen beteiligen sich schon lange am Urban Imkering und unterstützen die Bienen auf vielfältige Art und Weise. ( Foto: Adobe Stock – Frank Gärtner )

 

Große Firmen machen mit beim Urban Imkering

Schweizer Post, Südwestbank in Stuttgart oder Stuttgarter Flughafen: Große Unternehmen beteiligen sich schon lange am Urban Imkering und unterstützen die Bienen auf vielfältige Art und Weise. Einst gab es auch auf der Landesmesse Stuttgart mehrere Bienenvölker, doch diese scheinen in Richtung Flughafen abgewandert zu sein. Die Landesmesse brummt und summt jetzt nicht mehr. Am Flughafen gibt es hingegen einen ausgebildeten Gärtner, der sich um die Bienenstöcke kümmert.

Der Honig selbst wird regelmäßig zur Landesanstalt für Bienenkunde gebracht und dort überprüft. Die Qualität war bislang nicht zu beanstanden. Der Ertrag ist allerdings stark schwankend und reicht von null bis 25 kg pro Jahr. Verkauft wird dieser Honig jedoch nicht, er wird aber an die Mitarbeiter des Flughafens verschenkt. Teilweise finden sich die Gläser auch in Verlosungen wieder.

Die Südwestbank unterstützt die kleinen Honigproduzenten auf ihre ganz eigene Weise: Jeder der drei Vorstände hat sich dort bereit erklärt, einen Stock zu unterstützen. Das Urban Imkering ist hier zu einem Wettbewerb geworden, bei dem jeder die Hoffnung darauf hat, in einem Jahr am besten abzuschneiden. Welcher Preis derjenige bekommt, der den meisten Honig abliefern kann, ist allerdings nicht ganz klar. Wahrscheinlich wird es um einen Teil der Ernte gehen und das dabei erhaltene Gold dürfte deutlich schmackhafter als echtes Gold sein.

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