Entwicklungen in der Robotik machen es möglich, dass sich Textilhersteller wieder in Deutschland ansiedeln können. Sie versprechen sich davon vor allem massive Einsparungen bei Kosten und Ressourcenverbrauch.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Ausgelagerte Produktion: Sozial- und Umweltprobleme
Hersteller von Kleidung sind in den letzten Jahren zunehmend in Verruf geraten. Unhaltbare Produktionsbedingungen und gravierende Umweltschäden ruinierten gerade im Fast Fashion Bereich die Reputation vieler Marken. Als Gründe für diese Entwicklung wurden zum einen die geförderte Nachfrage nach immer mehr Kleidung zu immer günstigeren Preisen, genannt.
Zum anderen das Bedürfnis vieler Geschäftstreibender, selbst aus billigst vergüteter Arbeit noch maximalen Profit schlagen zu wollen. Um das bewerkstelligen zu können, lagerten immer mehr Textilunternehmen ihre Produktion an immer günstigere Standorte aus. Erst nach Ost- und Südeuropa, dann nach Asien. Mit den bekannten Folgen für die Gesellschaften und Umweltbedingungen vor Ort, sowie den Folgeerscheinungen beim Konsumenten.
Vertriebsprobleme als Weckruf
Doch seit einiger Zeit scheint sich eine andersgeartete Entwicklung abzuzeichnen. Immer mehr Firmen denken darüber nach, ihre Standorte wieder gen Westen zu verlegen. Auch wenn einige von ihnen die weltweit gestiegenen Umweltschutzverordnungen als Anlass vorschieben. Die ökonomischen Gründe dürften doch den ökologischen den Rang ablaufen. So hat nicht erst die aktuelle Pandemie die Einsicht gebracht, dass weite Vertriebswege unter vielen Gesichtspunkten problematisch sein können.
Globalisierter Gewinnrückgang
Produzenten und Vertriebler, die seit Jahren fest mit Gewinnen durch ihre immer weiter ausgelagerten Strukturen rechnen, sahen sich in letzter Zeit zusehends mit Problemen konfrontiert. Immer öfter mussten sie Kunden wegen nicht schnell genug gelieferter Güter durch blockierte oder gar unterbrochene Lieferketten vertrösten. Das Suez Kanal-Dilemma mit den teilweise Monate andauernden Folgeschäden dürfte dafür exemplarisch stehen.
Am Pranger der Klimasünder
Auch Studien, wonach Produktion und Distribution von Kleidung einen sehr großen Anteil am Ausstoß klimaschädlicher Gase haben, tragen nicht gerade zu einem besseren Image bei. Und das gerade in Zeiten, in denen sich immer mehr Gesellschaftsteile auch über den Konsumentenbereich hinaus, mehr Klimaschutz auf die Fahnen schreiben. Deshalb wird in den betroffenen Branchen vermehrt nach Lösungsmöglichkeiten für diese Problemlagen gesucht.
Kleidung aus Deutschland: ein Comeback?
Anstatt also den Ausbau umweltschädlicher Kanäle der Fertigung und Logistik weiter voranzutreiben, scheint man sich zusehends wieder auf alte Traditionen zu besinnen. Auf einmal sind alte Siegel wie Made in Germany oder eher lokal ausgerichtete Geschäftsmodell offenbar nicht mehr ganz so abstoßend wie früher. Die über Jahrzehnte abgebaute und vernachlässigte einheimische Herstellung von Kleidung scheint ein Comeback zu erleben.
C & A: Jeans aus Mönchengladbach
Zwar sieht die Mehrheit der ehemals deutschen Textilproduzenten noch immer Deutschland als nicht wirklich konkurrenzfähig zu Billiglohnländern in Asien. Aber immer mehr machen sich zumindest Gedanken über Alternativen. So hat C&A 2021 eine Fabrik zur Jeansherstellung in Mönchengladbach gebaut. Geplant ist, dass 100 Arbeiter hier am Ende 800 000 Jeans pro Jahr produzieren.
Roboter statt manueller Fertigung
Zum Erreichen dieses Ziels setzt C&A voll auf den Einsatz von Robotern. Sie sollen den menschlichen Kräften Routinearbeiten zusehends abnehmen. In automatisierten Schritten übernehmen sie immer mehr Fertigungsbereiche. Das betrifft schon heute mehr als 50 Prozent der Anwendungen.
Im Detail bedeutet das die Herstellung von Elementen für 350 Hosen in unter zwanzig Minuten. Der anschließende Nähvorgang von Zusätzen wie Nähten und Reißverschlüssen konnte ebenfalls bereits an die Anlagen ausgelagert werden. Fünf menschliche Arbeitsplätze wurden so schon eingespart. Laser übernehmen schließlich noch die optische Veredelung der Waren, was wiederum Stellen kostete.
Lokale Fertigung: Ressourcen schonen, Gewinne maximieren
Derartige Automatisierungsprozesse begünstigen enorme Einsparpotentiale. Neben einer ausgeweiteten Anwendung von regenerativen Energieträgern reduzierte man auch den Wasserverbrauch bei der Jeansherstellung zwischen 40 und 50 Liter pro Hose. Aber zwei Aspekte dürften wohl das unternehmerische Herz besonders hoch schlagen lassen. Zum einen könnten mit der vermehrten vor Ort Produktion, Lieferprobleme bald der Vergangenheit angehören. Zum anderen können Produzenten, die nah bei ihren Kunden arbeiten, ihre Güter viel schneller geänderten Bedürfnissen und Entwicklungen anpassen als bisher.
Adidas: abschreckendes Beispiel?
Bereits 2015 versuchte der Sportartikelhersteller Adidas etwas ähnliches. Auch er siedelte eine neue Fabrik in Deutschland an. Er erhoffte sich mittels 3D-Technik Schuhe in seiner Speedfactory kostengünstig produzieren zu können. Letztlich scheiterte aber das Ansinnen, als man zu der Ansicht kam, dass die heimische Weiterentwicklung der zugrundeliegenden Technik zu Hause wesentlich schleppender vorankommt als in Asien.